Gedichte und Gesänge

Die Moorsoldaten
Das Lied ist in unserer Heimat, im Konzentrationslager Börgermoor entstanden und fand Aufnahme im Liederbuch des Freien Begegnungsschachtes (FBS), einer Gruppe freireisender Handwerksgesellen in Deutschland. Texter des Liedes waren der Bergmann Johann Esser und der Schauspieler und Regisseur Wolfgang Langhoff, die Musik stammt von dem kaufmännischen Angestellten Rudi Goguel. Das Lied wurde am 27. August 1933 bei einer Veranstaltung namens Zirkus Konzentrazani von 16 Häftlingen, überwiegend ehemaligen Mitgliedern des Solinger Arbeitergesangvereins aufgeführt.

Rudi Goguel sagte später: Die sechzehn Sänger, marschierten in ihren grünen Polizeiuniformen (unsere damalige Häftlingskleidung) mit geschulterten Spaten in die Arena, ich selbst an der Spitze in blauem Trainingsanzug mit einem abgebrochenen Spatenstiel als Taktstock. Wir sangen, und bereits bei der zweiten Strophe begannen die fast 1000 Gefangenen den Refrain mitzusummen. … Von Strophe zu Strophe steigerte sich der Refrain, und bei der letzten Strophe sangen auch die SS-Leute, die mit ihren Kommandanten erschienen waren, einträchtig mit uns mit, offenbar, weil sie sich selbst als ‚Moorsoldaten‘ angesprochen fühlten. Bei den Worten ‚… Dann ziehn die Moorsoldaten nicht mehr mit den Spaten ins Moor‘ stießen die sechzehn Sänger die Spaten in den Sand und marschierten aus der Arena, die Spaten zurücklassend, die nun, in der Moorerde steckend, als Grabkreuze wirkten.“ Zwei Tage nach der ersten Aufführung wurde das Lied von der Lagerleitung verboten. Trotzdem war es das Wachpersonal des Lagers (wohl Blaue = Zivilangestellte), das wiederholt verlangten, dass das Lied von den Häftlingen auf ihren Märschen zum Arbeitsplatz gesungen wurde. Über ehemalige Zwangsinternierte und auch Wachmannschaften gelangte das Lied in die Öffentlichkeit und wurde zum Mythos der Emslandlager und unserer Region.

Wohin auch das Auge blicket, Moor und Heide nur ringsum.
Vogelgesang uns nicht erquicket, Eichen stehen kahl und krumm.
: Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! :
2. Hier in dieser öden Heide ist das Lager aufgebaut, wo wir fern von jeder Freude hinter Stacheldraht verstaut.
: Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! :
3. Morgens ziehen die Kolonnen in das Moor zu Arbeit hin, graben bei dem Brand der Sonne, doch zur Heimat steht der Sinn.
: Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! :
4. Heimwärts, heimwärts jeder sehnet, zu den Eltern, Weib und Kind. Manche Brust ein Seufzer dehnet, weil wir hier gefangen sind.
: Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! :
5. Auf und nieder gehn die Posten, keiner, keiner kann hindurch, Flucht würd nur das Leben kosten, vierfach ist umzäunt die Burg.
: Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor! :
6. Doch für uns gibt es kein Klagen, ewig kanns nicht Winter sein. Einmal werden froh wir sagen: „Heimat du bist wieder mein“.
: Dann ziehn die Moorsoldaten nicht mehr mit dem Spaten ins Moor. Dann ziehn die Moorsoldaten nicht mehr mit dem Spaten ins Moor.

Es, es, es und es
Überlieferter Redreim Anfang der 1800er Jahre

Es, es, es und es, es ist ein harter Schluß,
weil, weil, weil und weil, weil ich aus Frankfurt muß.
Drum schlag ich Frankfurt aus dem Sinn
und wende mich Gott weiß wohin.
Ich will mein Glück probieren, maschieren.

2. Er, er, er und er, Herr Meister leb er wohl! Ich sags ihm grad frei ins Gesicht, seine Arbeit die gefällt mir nicht.
3. Sie, sie, sie uns sie, Frau Meisterin, leb sie wohl! Ich sags ihr grad frei ins Gesicht, ihr Speck und Kraut, das schmeckt mir nicht.
4. Sie, sie, sie und sie, Jungfer Köchin, leb sie wohl Hätt sie das Essen besser gericht, so wär ich gewandert nicht.
5. Er, er, er und er, Herr Wirt, nun leb er wohl! Hätt er die Kreid nicht doppelt geschrieben, wär ich noch länger dageblieben.
6. Ihr, ihr, ihr und ihr, ihr Jungfern, lebet wohl, Ich wünsche euch zu guter Letzt, einen anderen, der mein Stell ersetzt.
7. Ihr, ihr, ihr und ihr, ihr Brüder lebet wohl! Hab ich euch was zu Leid getan, so bitt ich um Verzeihung an.
8. Und, und, und und und, und ward zu guter Letzt auch, auch, auch und auch ein Hund auf mich gehetzt.
Dem Kerl setz ich auf den Türenknauf des nachts was warmes weiches drauf.

Bolle reiste jüngst zu Pfingsten
Das ursprünglich fünfstrophige Lied aus dem Berliner Raum ist um 1900 entstanden. Verfasser und Komponist sind unbekannt. Es verbreitete sich mündlich in vielen Teilen Deutschlands. Aus dem Archiv Hubert Schendel www.deutscheslied.com (im 2013 erschienenen Liederbuch des FBS) werden zusätzlich zu den ursprünglichen fünf Strophen eine 6. und 7. Strophe aufgeführt.

1. Bolle reiste jüngst zu Pfingsten, nach Pankow war sein Ziel.
Da verlor er seinen Jüngsten janz plötzlich im Jewühl,
’ne volle halbe Stunde hat er nach ihm jespürt.
Aber dennoch hat sich Bolle janz köstlich amüsiert.

2. In Pankow jab‘s keen Essen, in Pankow jab‘s keen Bier,
war allet uffjefressen von fremdem Leuten hier.
Nich‘ ma‘ ’ne Butterstulle Ha’m ‘se ihm reserviert!
Aber dennoch hat sich Bollenjanz köstlich amüsiert.

3. Auf der Schönholzer Heide, da jab‘s ne Keilerei,
und Bolle jar nicht feige, war mittenmang dabei,
hat‘s Messer rausjezogen und fünfe massakriert,
aber dennoch hat sich Bolle janz köstlich amüsiert.

4. Es fing schon an zu tagen, als er sein Heim erblickt.
Det Hemd war ohne Kragen, det Nasenbein zerknickt,
det rechte Auge fehlte, det linke marmoriert,
aber dennoch hat sich Bolle janz köstlich amüsiert.

5. Als er nach Haus jekommen, da jing‘s ihm aber schlecht;
da hat ‘n seine Olle janz mörderisch verdrescht!
ne volle halbe Stunde hat sie auf ihm poliert,
aber dennoch hat sich Bolle janz köstlich amüsiert.

6. Unser Bolle wollte sterben und hat sich’s überlegt
Er hat sich auf die Schienen der Kleinbahn draufgelegt
Die Kleinbahn hat Verspätung und vierzehn Tage auf
da fand man unsern Bolle als Schimmel wieder auf.

7. Und Bolle wurd’ begraben in einer alten Kist’.
Der Pfarrer sagte “Amen”, man warf ihn auf den Mist.
Die Leute klatschten Beifall und gingen dann nach Haus.
Und nun ist die Geschichte von unserm Bolle aus.

Am Birnbaum – (Bänkelgesang)
Auch dieses Lied ist Volksgut und kommt aus verschiedenen Quellen, wurde über Jahrhunderte mündlich weitergetragen. Einst hatte es 14 Strophen. Es ist eines von vielen Bänkelgesängen die oft beim Freien Begegnunsschachtes gesungen werden.

Drunten in der grünen au, steht ein Birnbaum schau, schau!
Drunten in der grünen Au, steht ein Birnbaum schau, schau!
Und was ist am Baum? Am Baum ist der Stamm, Stamm am Baum Baum in der Au.

2. Drunten in der grünen Au, steht ein Birnbaum schau, schau! Drunten in der grünen Au, steht eien Birnbaum schau, schau!
Und was ist am Stamm? Am Stamm ist der Ast, Ast am Stamm, Stamm am Baum, Baum in der Au.

3. Und was ist am Ast? Am Ast ist das Ästerl.
4. Und was ist am Ästerl? Am Ästerl ist der Zweig.
5. Und was ist am Zweig? Am Zweig ist das Zweigerl.
6. Und was ist am Zweigel? Am Zweigerl ist das Blatt.
7. Und was ist am Blatt? Am Blatt ist das Blatterl.
8. Und was ist am Blatterl? Am Blatterl ist das Nest.
9. Und was ist im Nest? Im Nest ist ein Ei.
10. Und was ist im Ei? Im Ei ist ein Vogel.
11. Und was ist am Vogel? Am Vogel ist die Feder.
12. Und was wird aus der Feder? Aus der Feder wird das Bett.
13. Und wer liegt im Bett? Im Bett liegt die Maid.
14. Und wer liegt noch im Bett? Im Bett liegt der Bub.
15. Und was machen die Zwei? Die Zwei machen ein Kind.
16. Und was wird aus dem Kind? Aus dem Kind wird ein Bub.
17. Und was wird aus dem Bub? Aus dem Bub wird ein Bauer.
18. Und was wird aus dem B.. ? Der Bauer pflanzt einen Birnbaum.
19. Und was ist am Baum? Am Baum ist ein Ast …..

Wann wir schreiten Seit an Seit
diese Weise brachte unter Anderem, Daniel Lorenzen Ende August 2014 beim Sommer-Herbst-Kongress im Jugendheim Börger bei seinem Vortrag zum Besten. Das Lied stammt von Hermann Claudius aus sem Jahre 1914.

Wann wir schreiten Seit an Seit und die alten Lieder singen
und die Wälder widerklingen fühlen wir, es muß gelingen;
Mit uns zieht die neue Zeit, mit uns zieht die neue Zeit.

2. Eine Woche Hammerschlag, eine Woche Häuserquadern
zittern noch in unsern Adern aber keiner wagt zu hadern
Herrlich lacht der Sonnentag, herrlich lacht der Sonnentag.

3. Birkengrün und Saatengrün: Wie mit bitternder Gebärde
hält die alter Mutter Erde, daß der Mensch ihr eigen werde
ihm die vollen Hände hin, ihm die vollen Hände hin.

4. Mann und Weib und Weib und Mann sind nicht Wasser
mehr und Feuer. Un die Leiber legt ein neuer Frieden sich,
wir blicken freier Mann und Weib, uns fürder an Mann und
Weib, uns fürder an.

6. Wann wir schreiten Seit an Seit und die alten Lieder singen
und die Wälder widerklingen fühlen wir, es muß gelingen:
Mit uns zieht die neue Zeit, mit uns zieht die neue Zeit.