Geschichte Börgers

Dorfleben seit weit über 1000 Jahren

Von Rolfes, Geers und Ubbenjans

Von Reinhard Rolfes, Hans Geers und Hermann Ubbenjans


Aus der Frühgeschichte
Nordeuropäische Germannen, die ein paar hundert Jahre vor der Zeitenwende sesshaft wurden, werden wohl an den Eschen des Hümmling, so auch in Börger gesiedelt haben. Vorher waren wohl an mehreren Stellen Jagdlager vorhanden. Dieses belegen Fundstellen, Wege und Trampelpfade. Denn der Geestrücken Börger lag an vielen niedrigen Marschgründen (Mask´en) die hervorragende Jagdgebiete darstellten, die von den langsam sesshaft werdenden Völker zur Jagd und später für die Viehhaltung nutzbar waren. Und auf der Geest war der Esch für den Kornanbau zu gebrauchen. Ein genaues Alter unseres Dorfes lässt sich aber nicht ermitteln. Auch die erstmalige urkundliche Erwähnung „das Jahre 854“, die immer wieder auftaucht, und die auch der Pfarrer Dr. Diepenbrock und vor ihm viele andere Leute aus einer alten Aufzeichnung (Falkenhagen 15. Jahrhundert) übernehmen, lässt sich historisch nicht belegen und ist höchst fraglich. Es fehlen die Urkunden gänzlich, es gibt nur wage Hinweise. Höchstwahrscheinlich sind die Stellen am Esch mit Trinkwasserquellen, wo es sich siedeln lies, schon vor Christi Geburt, den noch wandernden Gruppen bekannt gewesen.

Im Börger Esch findet man eine mächtige Mutterbodenschicht. Diese so sagen Experten, kann nur durch eine 1000jährigen Ackerbau aufgebaut werden (Plaggenwirtschaft) und belegt, dass hier lange Menschen heimisch sind. Ob die Bewohner unseres Dorfes ihren Wohnort damals Börger, Buigiri, Burgeren oder Bürgern nannten oder ob es an mehreren Stellen einst Siedlungen in der späteren Börger Mark waren, ist fraglich. Sicher ist nur, das weit vor Christi Geburt auf dem Hümmling und in der Börger Mark Menschen gelebt haben. Dieses belegen auch die Großsteingräber, Hügelgrabfelder und Einzelgräber, die an mehreren Stellen in der Börger Mark vorhanden und teilweise noch existend sind. Man findet die verschiedenen Grablegen der Jungsteinzeit sehr oft in Gruppen (Steingräber, Hügelgräber, Einzelgräber), so auch in der Börger Mark. Südlich von Börger im Esch vor der Hemstäe, sollen einst Menschen gesiedelt haben, berichtet eine mündliche Überlieferung. Hier am Dullgoarn, befand sich einmal ein großes Grabhügelfeld (übersetzt wohl „Heimstätte“) aus der Jungsteinzeit, Einzelgräber und auch ein Steingrab auf dem Sünnebarg. Die Grabhügel, die in der gesamten Börger Mark verstreut zu finden sind, entstammen der so genannten Schnurbecherkultur (zuwandernde Gruppen aus dem Südosten, auch Streitaxtmenschen genannt).

Nach der Zeitenwende
Um Christi Geburt wohnten „Amsivarier“ (von den Römern so genannt) im Emsland und auf dem Hümmling. Dieses kleine Volk wurde, so überliefern es römische Geschichtsschreiber Tacitus und andere Schriftgelehrte, aus Rache nach der Varusschlacht unterjocht, verschleppt oder versklavt, weil sie im Gegensatz zu ihren Nachbarstämmen den Chatten (oder Chauken) nicht Verbündete der Römer waren, der nordischen Religion und dem Freiheitsgedanken der Nordvölker angehörten und in dieser Zeit Arminius (Hermann dem Cherusker) folgten. Kurze Zeit später (um 100 n. Chr.) lebte der Germanenstamm der Chauken (oder Chatten) im Emsland und auf dem Hümmling, und nahmen hier aus Osten kommend, die Herrschaft ein. Sie, die Chauken und Reste der Amsivaris wurden im Rahmen der Völkerwanderung weiter gen Westen gedrückt und die Namen verlieren sich in der Geschichte. So entstanden wohl die namensgleichen Orte hier und auf dem Hundsrüggen in der Provinz Drente (Börger – Borger, Apeldorn – Appeldorn, Meppen – Meppel und Meppen, Haren – Haren, Emen – Emmen, Holte – Holte und weitere mehr). Der römische Geschichtsschreiber Tacitus berichtet im 2. Jahrhundert nach Christi über die Chauken, dass sie sich durch Güte und Familiensinn, aber auch durch Tapferkeit im Kampf gegen Feinde auszeichnen. Um das Jahr 400 rückten die Sachsen aus Nordosten vor und die Friesen nahmen von Westen Einfluß auf das Land zwischen Ems und Weser an der Küste und den Hümmling, da Westfriesland (das Reich der Bataver) am Rhein im Kampf von den Römern erobert und nicht frei (mit hohen Lasten belegt) war. Die Friesen suchten die Freiheit und auch wegen Sturmfluten und schlechter werdendem Klima (vorrückende Nordee und Kälte-/Trockenperioden) im Norden, höhere Siedlungsgebiete östlich (Ostfriesische Geest und Hümmling). In dieser Zeit war der Hümmling sehr dünn besiedelt. Der Hümmling war bis ins späte Mittelalter zwischen Sachsen und Friesen strittig. Die Sachsen waren aber wohl Herren im Lande.

Wir können wohl davon ausgehen, dass sowohl Sachsen, Amsivaris, Chauken aber auch die Friesen Spuren in den Genen der Hümmlinger und Börgeraner haben. – Das in der Zeit von 400 bis 750 so wenig über Norddeutschland überliefert ist hat vor allem drei Gründe. 1. Kriegerische Fehden machen Geschichte. Das friedliche Zusammenleben der Menschen bringt wenig Schlagzeilen auch, 2. die Sachsen keine Schriftsprache kannten, und 3. die dünne Besiedlung – und so nennt man diese Zeit im Sachsenland und besonders hier auch wohl „die geschichtslose Zeit“, weil so wenig an Geschichtsdaten da sind.

Ãœberlieferungen
Börger führt seinen Ursprung auf Kaiser Karl den Großen zurück, so wird es überliefert. Im Jahre 854 soll es Burgiri genannt sein und im Jahre 879 „Burgium“ heißen (altsächsisch), berichtet der Hobbyhistoriker Dr. Diepenbrock. Im Jahre 1160 in einer anderen Urkunde „Bürgeren“. Der emsländische Sprachforscher Abeln übersetzte Burgiri mit Birkenhöhe. Eine andere Ãœberlieferung spricht von einer Ansiedlung von Friesen um das Jahr 783. „Diese Friesischen Siedler sollen als Grabwache bei ihrem gefallenen König oder Heerführer Surboard (Surwold) geblieben sein, als dieser schwer verwundet nach der Schlacht zwischen Franken und den Nordvölkern Sachsen / Friesen, an der Hase bei Haselünne-Dörgen und Schleper, hier in unserer Mark, an der Grenze zu seinem Friesenreich, beigesetzt wurde. Surboard oder in der nordischen Sprache wohl ?? Suirboard war ein Verwandter oder Nachkomme, so vermutet man, des Raadboard, Fürst der Friesen, der das Friesenreich von Brügge bis Nordfriesland noch einmal zur Blüte vereinte und in Stoavern und Utech im westlichen Kernland Frieslands residierten. Mit dem Tod des Friesenfürsten oder einfach nur Herrführer Surboard ging das Reich der Friesen zu Gunsten der Frankenreiches in Mitteleuropa unter. Nachkommen von Raadboard konnten das Reich nicht mehr zusammenhalten. (Ãœbrig blieb nur die Enklave Ostfriesland). Die Ehrenwachen von Surboard sollen mit Freibrief von Karl dem Großen „als freie Bürger (= Börger) des Sachsenlandes“ ansässig geworden sein und die 16 alten Erbhofbesitzer sein, so sagt man. Eine dritte Ãœberlieferung über den Ursprung des Dorfes berichtet von einem Wehrdorf mit 16 Hütten (Häusern) die, von den Sachsenfürsten des frühen Mittelalters“, zum Schutz des Sachsenlandes an der Grenze zu Ostfriesland angelegt wurde.

Weltliche und kirchliche Obrigkeit
Die Germanen verehrten ihre nordischen Gottheiten mit Gottvater Wodan, Sohn Thor, sowie Freja und Weiteren. Nach diesen Gottheiten sind die Wochentage benannt. Es hält sich die Ãœberlieferung, dass bei den großen Steinen in Börger einst eine alte Thingstätte auf dem Fehmeberg, (heute Vogelberg mit Steingrab) war, und man auf dem dortigen Opferstein, Gaben darbrachte und an diesem Platz „Zeremonien“, aber auch „Gericht“ (Fehme – Vergeltung) abhielt, bis der Christliche Glaube Fuß fasste. Die Missionierung Norddeutschlands erfolgte durch christliche Missionare, die ab 750 n. Chr. aus Irland und Angelsachsen kamen. Der Missionar Ludger und später Bonifatius gelten als Verbreiter des Glaubens in Norddeutschland. Die Missionare verbreiteten den christlichen Glauben bei den Friesen und Sachsen, zuerst aber mit nur mäßigem Erfolg mit vielen Rückschlägen. Die Franken festigten das Christentum, später als Staatsreligion, und so wurde Norddeutschland und das Emsland christlich. Um 800 entstanden die ersten Kirchen. Börger und der Hümmling wurden im Mittelalter kirchlich aber auch weltlich vom Kloster Corvey (in der Nähe von Höxter an der Weser) verwaltet. Ob der Hümmling durch die Missionszellen Meppen oder Visbeck missioniert wird, ist nicht genau aufgezeichnet. Später wird der Hümmling mit der Urkirche in Sögel, Meppen zugeordnet. Mit der Ausführung der weltlichen Macht (Gerichtsbarkeit und Steuerwesen) wurden Grafen eingesetzt (belehnt). Für die Grafschaft Meppen und den Hümmling waren es die Grafen von Ravensberg und Tecklenburg. Nach langen erbitterten Streitigkeiten zwischen beiden Häusern verkaufte die Erbin der Nordlande Ravensbergs (Meppen, Vechta und weitere Besitzungen in Groningen und Emden) Jutta von Ravensberg als Witwe (aus dem Hause Tecklenburg) im Jahre 1252 den verwaiste Grafenstuhl des Emslandes und die weltliche Macht ging an den Bischof von Münster über. Seither nennt man diese Region Niederstift Münster. Bis 1668 besaß der Bischof von Münster die „weltliche Macht“, und der Bischof von Osnabrück „die kirchliche Macht“. Danach wechselte die kirchliche Macht nach Münster und ab 1824 wieder zum Bischof nach Osnabrück. Die weltliche Macht über das Emsland ging 1803 unter Napoleon an Frankreich, dann an den Herzog von Arenberg, später an den König von Hannover und dann Preußen.

Steuerabgaben
Der Börger Zehnte (= Steuern) ging ab der fränkischen Zeit an das Kloster Corvey. Neben den jährlichen Steuern (Frühjahrs- und Herbstbeden) gab es noch Sondersteuern (z.B. die „Rauchhühnersteuer“ oder besondere Steuern bei Kriegslagen etc., wie die „Türkensteuer“). Für Börger waren es wohl die Dienstleute der Herren zu Landegge die den Zehnten einzogen und für die Obrigkeit verteilten. Später belehnte der Bischof von Osnabrück (Rechtsnachfolger des Klosters Corvey) die von Beele und von Langen (sesshaft auf Spyk bei Oberlangen) mit der Steuer und danach ging der Börger Zehnte durch Vererbung an die Herren von Langen zu Brahe (von Brae) an der Ems in Tunxdorf über. Erbnachfolger der von Langen ist Wynrich von Brae geboren um 1300. Er wurde 1359 abermals mit den Zehnten von Börger belehnt. Von Brae besaß in der Glanzzeit der Linie „von Brae“ die Burg Papenburg, Altenkamp in Aschendorf, die Burg in Oldersum sowie die Besitzung und Wohnsitz in Tunxdorf. Später gingen die Steuern, der Börger Zehnt, an die Erben im Haus Campe (von Brae zu Campe später Dinklage) zur Hälfte. Der andere Teil an das Haus Heede (Oltmann von Heede, einer verwandten Linie). Durch Rechtstitel (Verkauf des Hauses Heede an den Erbkämmerer Franz Wilhelm von Galen zu Assen des Bischofs von Münster 1670) an den Grafen von Galen zur anderen Hälfte. Johann Otto von Heede hatte 1665 seine Magd schwer misshandelt, die an den Folgen starb. Er floh nach Holland um sich einer Verurteilung zu entziehen, wo er auch starb. Seine Schwestern verkaufen die Besitzung Heede. Öfter wird ein Vogt Nankemann aus Düthe erwähnt, der mit einem großen Troß die Steuern eintrieb, sich in Börger im Gasthof Scherlmann bewirten lies, Steuerflüchtlige jagte und Berichte fertigt.

Freie Bauern auf dem Hümmling
Der Hümmling war im Mittelalter im Gegensatz zu anderen Gebieten an den Flüssen (z.B. Hase und Ems und Hügel- und Gebirge), sehr dünn besiedelt wohl nicht massiv bewaldet. Experten meinen, das hier mit der Buche lichter Wald mit vielen Heideflächen vorherrschten. Andere Experten verneinen diese Aussage und Forschung und sprechen davon, das die Heidelichtungen durch Viehhaltung entstanden sind. Man hielt am Wohnort, wo Lehmböden und Wasser vorhanden war, Vieh und betrieb Ackerbau (auf den Eschen). Das Vieh hielt man in Hudewirtschaft (eine Art Waldnutzung durch Haustiere). Später entwickelte sich vom neunten Jahrhundert an dann durch weiteres Zurückdrängen des Waldes die Heidewirtschaft mit der Schafhaltung. Und je weiter der Wald wich und Heidelandschaft entstand, je größer wurden die Heidschnuckenherden. Diese waren für die wachsende Bevölkerung des Hümmling notwendig, weil Ackerland auf den Sand- und Moorböden nicht auszudehnen war. Während in anderen Gegenden viele Höfe „eigenbehörig“ (in Besitz eines Landesherrn) wurden, sind auf dem Hümmling nur einige wenige Höfe im Eigentum eines Adeligen gewesen (waren wohl wenig ertragreich für die Besteuerung). Man taxierte Vollerben als Halberben ein, da der Ertrag der Arbeit gering war. Ein anderer Grund scheint die Freiheitsliebe der Bewohner zu sein. Wiederholte Aufstände der hiesigen Landsassen gegen auferlegte Lasten und Steuern, aber auch als Protest gegen den nicht vorhandenen Schutz gegen Plünderungen und Brandschatzungen aus benachbarten Regionen (Holländer, Friesen, Stedinger, Tecklenburger) brachten die Freien Hümmlinger gegen die Herrschaft auf. Sie liebäugelten mit den Freiheiten der Ostfriesen (Schieringer-Lobby). 1266 wollten Sie sich unter den Schutz der Friesländer begeben, um eigene Herren zu sein. Dieses gelang jedoch nicht. Weitere Aufstände der Bauern gab es 1340 und 1449. Die Freibauernurkunde aus dem Jahre 1394 gibt ein wenig Aufschluss über die Probleme der Zeit. In dieser Urkunde unterstellen sich die Hümmlinger Bauern dem Schutz des Bischofs von Münster, als dieser die von den Tecklenburger beanspruchte Cloppenburg erobert und an Macht gewinnt. Er solle den Hümmling gegen Übergriffe von fremden Adeligen und Banden schützen. In dieser Bekundung sind die Börger Bauern Oldeth, Abeln und Kosse erwähnt. In Börger sind einst 16 Urhöfe (19 Voll- und Halberben) vorhanden gewesen, aus denen sich die heutige Dorfgemeinschaft entwickelte. Die erste Siedlungseinheit wird in Börger wohl die Hofgruppe gewesen sein, die sich als Hufe (von Hufeisenform) um einen Dorfmittelpunkt (Dorfbusk) formierte. Später entwickelte sich das „Haufendorf“. In einer Überlieferung wird von zwei Hufen in Börger gesprochen. Über die Jahrhunderte ist diese Zweisamkeit (Dualität) von Börger immer wieder zu finden (zwei Eschteile, zwei Steuerscheunen, zwei Mühlen, zwei Neusiedlungen in der Mark 1788, usw.).

Fehden, Kriege, Überfälle, die Pest
Durch die Jahrhunderte gab es zu allen Zeiten menschliches Elend durch Pest, Fehden unter den Adelsfamilien, Gruppen und Stämmen sowie Überfälle, Plünderungen und Kriege brachten Leid in das Dorf. Die ersten Berichte, die wir finden können, sprechen von Rache und Vernichtung gegen die Germanen und die Versklavung der Emsbewohner durch Römische Legionen. Nach der vernichtenden Niederlage der Römer und dem Sieg der Germanen im Jahre 9 n. Chr. unter Arminius am Nordrand des Wiehengebirges, des Osnas gab es einen Rachefeldzug der Römer. Schon vorher war die Zeit der großen Völkerwanderungen in Europa, die mit Sicherheit auch Kampf und Tod unter den Stämmen brachte. Auch das Einwandern der Chauken und später der Sachsen in unsere Heimat ist mit Sicherheit nicht ohne Krieg, Elend und Unterdrückung abgegangen. In den folgenden Jahrhunderten gab es Einfälle von Normannen, die über die Ems bis in unsere Heimat kamen. Man nannte sie auch Wikinger. Aus dem Mittelalter wird von Überfällen und Raubzügen heimischer verarmter Bevölkerung und niederer Adel auf Handelswege und über den Hümmling berichtet. Ferner gab es Einfälle Friesischer Söldner und später der Holländer sowie der Tecklenburger von der besetzten Cloppenburg aus. Diese Soldateska versorgte sich durch Plünderung in den Dörfern. Der Graf der Emslandes Otto von Ravensberg besiegte um das Jahr 1230 in mehreren Schlachten die Raubheere der Friesen. Einer der Schlachten soll in Börger, bei den großen Steinen stattgefunden haben und ist als „Hahnenkampf“ in die Geschichte eingegangen. Die Friesen unterlagen hier den zahlenmäßig unterlegenen Hümmlinger Mannen. Man nannte die Friesen spöttisch „Hoahne oder Hähne“, weil sie lange Federn an den Helmen und Hauben trugen. In einem Bauernhaus in Börger (bei Schütten (?)) hat es einst ein Bleiglasfenster gegeben, das eine Frau darstellt, die ihrem Manne, der sich zum Kampf auf ein Pferd schwingt einen Krug Bier reicht und ihm rät, nicht als Besiegter zurückzukommen.
Unsägliches Leid brachte der 30jährige Krieg über die Bevölkerung. Umherziehende Soldateska verwüsteten wiederholt die Orte und die Ernten. Die Bevölkerung wurde geknebelt, vergewaltigt, verschleppt und einige sogar erschlagen. Besonders im Mai 1647 als Wahn, Lorup und sechs Orte entlang der Ems verbrannten. Die Bewohner von Börger flohen vor den plündernden Soldatenhorden in Moorverstecke. Von der Verschleppung des Börger Dorfschulten Albert Dillen wird berichtet und das man ihn mit dem Versprechen, das Dorf nicht zu brandschatzen, gegen Lösegeld laufen ließen.
Die Pest wütete dabei unter der Bevölkerung aber auch unter den Soldaten. Durch die Pest, durch Krieg und Viehseuchen verlor unsere Region massiv an Bevölkerung. Teile der Bevölkerung wurden daraufhin heimatlos. Nichtsesshaftigkeit stieg an. Vagabundentum und Scherenschleifer erhielten Zulauf und standen in schlechtem Ruf. Als besonders schweres Jahr kann man das Pestjahr 1666 ansehen. Hier starben auf dem Hümmling sehr viele Menschen. Die Pest wütete seit dem 14. Jahrhundert in immer wiederkehrenden Intervallen auf dem Hümmling und auch in unserem Heimatdorf.

Die Kirchen
Über eine Kirche oder Kapelle wird zum ersten Mal im Jahre 1523 berichtet, dass in Börger die Kapelle ausgebessert wird. Also scheint es vor dem Jahre 1500 schon ein Kirchen- oder Kapellengebäude in Börger gegeben zu haben. Bernhard Holtmann spricht vom Jahr 1490. Diese Kirche ist schon dem Heiligen Joist (Jodokus) geweiht gewesen. Eigene Pfarrrechte erhielt man erst im Jahre 1573. Damals residierte der Sögeler Pfarrer Kreyenfanger, der auch für Börger zuständig war nicht in Sögel, sondern lebte im Osnabrücker Raum. Es ist überliefert, das der Sohn des Pfarrers von Sögel Kreyenfanger im Streit einen Kontrahenten erschlagen hat und er, um dieses zu Sühnen, die Pfarrechte an Börger verkaufte. Bis zu diesem Zeitpunkt gehörte das Dorf Börger zur großen Hümmlingpfarrei Sögel. Der Reformator Bonnus führte ab 1538 begünstigt durch den Landesherren die Reformation auf dem Hümmling ein. Die neue Lehre stieß kaum auf Widerstand, da der Übergang allmählich geschah und die katholischen Handlungen bei behalten wurden. Offiziell eingeführt wurde die lutherische Reformation durch Fürstbischof Franz von Waldeck 1543. Nach und nach folgten die Hümmlinger dieser Bewegung und in Börger lehrte dann ein evangelischer Prediger, ein ehemaliger Bauer und Soldat, namens Johann Jansen. Das Pfarramt hatte jedoch der katholische Pfarrer in Personalunion für Börger und Sögel inne. Um 1600 war der gesamte Hümmling evangelisch. 1614 waren wieder einige Bewohner katholisch. 1633 fielen die Schweden unter deutschen Offizieren ein und setzten den Katholiken in Meppen, Haselünne und den Dörfern des Niederstiftes mächtig zu. Das kirchliche Leben lag am Boden und die Gebäude waren Ruinen. Im Jahre 1659 wurde notiert, das Börger wieder ganz katholisch sei. Bis zum Jahre 1652 hatte Börger keinen eigenen Pfarrer, da die Gemeinde ihn wegen wiederholten Überfällen durch Soldateska und herumstreunenden Gruppen nicht ernähren konnte. Der erste residierende Pfarrer ist Matthäus Bödeker. Er wirkte von 1652 bis ungefähr 1658. Die alte Eschkirche, in Börger auf dem Friedhof wurde mehrfach erweitert. 1804 erfolge ein großer Anbau, da die Bevölkerungszahl stieg. Im Jahre 1890 wurde die Kirche abgebrochen, da im Jahre 1858 in der Ortsmitte, im Brink die neue prächtige Sankt-Jodocus-Kirche eingeweiht wurde.

Erbberechtigte und Neubauern, Hollandgängerei
Die Gemarkung Börger hatte bis zur Absplitterung von Tochtergemeinden Neubörger und Breddenberg eine Größe von über 13.000 Hektar (die größte Landgemeinde im Königreich Hannover). Es waren große Sandböden- und Moorgebiete die bis auf dem Esch nur extensiv genutzt werden konnten. Nur kleine Parzellen waren ohne Kunstdünger als Acker in Gebrauch. Weidekämpe in Orts- und Hofnähe und der Anbau von Getreide auf dem Esch und auf guten Böden ernährten die Bevölkerung mehr schlecht als Recht. Man betrieb Schafhaltung, Bienenzucht und zur Eigenernährung Milchviehwirtschaft und baute in den Moorgebieten den Buchweizen an. Genutzt wurde die Feldmark in alter Zeit von den 18 Erben, das heißt den steuerpflichtigen achtzehn Höfen des Dorfes und den dazugehörigen Kötterbauern und Heuerhöfen durch Ackerbau, aber vor allem Schafthaltung. Bis zum 16. Jahrhundert besaßen nur die Besitzer der Erbhöfe neben der Steuerpflicht, das Recht zur Wirtschaft in der Mark. Ab dem 16. Jahrhundert wurden weitere Rechte zugestanden, zuerst an die Kötter (vor allem Handwerker wie Schmied, Stellmacher, Tischler, Holzschuhmacher, Schneider, Weber) und dann im 19. Jahrhundert auch an die kleinen Bauern, den so genannten Brinksittern (wirtschaftlich erstarkten Heuerleuten). Die Bevölkerung war insgesamt nicht wohlhabend. Es gab oft Jahre, in denen gehungert wurde. Die Jahre 1840 bis 1880 gelten auch als besonders schwierige Zeit. Vor allem die rechtlosen Heuerleute und Taglöhner traf der Hunger am schwersten. Sie standen an der untersten Sprosse des Wohlstandes und trugen eine Hauptlast. Der Boden brachte mit viel Arbeit nur spärlichen Ertrag und viele Heuerleute aber auch Söhne von Kleinbauern und Köttersöhne verdienten sich durch die Hollandgängerei Geld hinzu. Sie wanderten im Frühling nach der Einsaat des Kornes nach Holland und arbeiteten dort solange, bis die Kornernte zu Hause anstand als Mäher und Torfstecher. Unsagbar schwere Arbeit war dieser Dienst in Holland. Viele Familienväter arbeiteten sich dort sprichwörtlich zu Tode. Der Begriff „Totarbeiten“ entstand in dieser Zeit. Auch für die Familie zu Hause war die Abwesenheit des Ernährers über Monate, wegen der Hof- und Feldarbeit auf der eigenen Scholle, beschwerlich. Doch auch das Zubrot der Hollandgängerei reichte so manches Mal nicht für ein anständiges Leben zu Hause. Familien jedoch, dessen Ernährer oder dort mitarbeitende Familienmitglieder in Holland, gesund blieben und die zu Hause die Arbeit durch Ehefrau, Senioren oder Kinder machen konnten, war der wirtschaftliche Aufstieg dadurch vergönnt.

Auswanderung
Die Auswanderung beginnt nicht mit der Ãœbersiedlung ab 1840 in die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Einige junge Männer und Frauen früherer Generationen wollten für sich ein besseres Leben und sind Veröffentlichungen gefolgt, die ein gutes Leben im Russland und der Ukraine, im Land der Zarin Katharina der Großen gegangen. Und auch schon im späten Mittelalter warb das Niederstift Münster mit einer Ansiedlung und Land in den Siedlungsgebieten im Osten Deutschlands bis nach Litauen hinein. Die Hauptauswanderungswelle aber war die Wanderbewegung nach Amerika, die wohl mit der Hollandgängerei begann. Ein großer Teil der jungen Börger Generation verdingte sich in den Sommermonaten als „Hannekenmaijer oder Kluttenstaeker“ in Holland, um den kargen Lohn der Familie auf dem Hümmling aufzubessern. Einige blieben dann gleich in Holland und siedelten sich in Holland an. Weitere gingen über die großen holländischen Häfen in das Traumland der damaligen Jugend, nach Amerika. Eine große Auswanderungswelle folgte dann ab 1855 über die Häfen Bremen, Bremerhaven aber auch Hamburg und Amsterdam. Durch Briefe der ersten Auswanderer und Zeitungsberichte erfuhr man auf dem Hümmling von guten Einkommen und einem besseren Leben in dem „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Bis 1880 sind dann viele junge Leute (namentlich sind 185 Personen aus dem Kirchspiel Börger bekannt) in einer Art „Kettenauswanderung“ in die neuen Siedlungsgebiete der USA bei Cincinnati am Ohio-River oder St. Louis am Missouri/Mississipi ausgewandert.

Neue Orte in der Börger Mark
Im Jahre 1788 wurden im Nordosten und Nordwesten der Gemarkung Börger, ca. 7 Kilometer vom Dorf entfernt per Dekret des Fürstbistums Münster zwei Tochtersiedlungen (Breddenberg und Neubörger am Jümberg) eingerichtet. Eine dritte Moorkolonie am Wattberg in Börgerwald kam nicht zustande. Die Siedlungspolitik des Niederstiftes nach Holländischem Vorbild war für das „Standesherrliche Amt Münster“ eine lukrative Einnahmequelle und Ordnungspolitik. Vorausgegangen waren Dispute zwischen den Erbhofbesitzern und sich ohne Genehmigung ansiedelnde „Kleine Leuten“ die einen Ort zum Leben suchten. Es waren vor allem abgehende Kinder der Börger Bauern, die oft als Hollandgänger im Sommer in die Fremde gingen, und in der großen Feldmark Lebensraum suchten (von Abbrennen der Hütten und Vertreibung durch die Börger Feldhüter im Auftrag der Markgenossen ist die Rede). Einige sind dann nachweislich an die Kanäle, im größer werdenden Papenburg gegangen. Die Arbeit für Neusiedler in der Börger Mark aber auch in Papenburg Obenende war schwer. Es entstand der Spruch „denn Ersten de Doot, denn twaiden de Noot, denn Dräiden dat Brot“. Die dann ab 1788 rechtlichen siedelnden Neubauern in den Tochtersiedlungen Breddenberg und Neubörger leisteten nach 10 freien Jahren, dann ab 1798 hohe Abgabenlasten an den Landesherren, dem Bischof von Münster und später dem Herzog von Arenberg, aber auch an die Börger Erben. Viele konnten nach 10 Jahren harte Arbeit die Lasten nicht tragen. In der Folgezeit verkauften viele Neubauern Teile der Plaatzen. Von den 16 ausgewiesenen Hofgrundstücken in Neubörger ist keine einzige in der vollen Größe erhalten geblieben. Ähnlich ist es in Breddenberg gewesen. Andere Siedler verkauften und verließen die Hofstellen ganz.
Um 1830 entstanden die Börger Eschrandsiedlungen „Nordkamp“ und „Dosfeld“. Der Ort Börger verlor an Bevölkerung durch Umsiedlung in die Tochtersiedlungen. Die Tochtersiedlungen und auch Börger massiv durch Auswanderung. Amerika war Mitte des 19. Jahrhunderts der Traum vieler junger Menschen. Mit Ende der Markenteilung in Börger im Jahre 1887 und der Zuteilung von Landbesitz auch an Kleinbauern und dem Aufkommen von Kunstdünger verbesserten sich die Lebensverhältnisse. Nach einem fast 40jährigen Prozess wurde gerichtlich entschieden, dass die Mark nicht nur den Börger Erben, Halb- und Drittelerben sowie Köttern zur Nutzung zustand, sondern auch den 115 Brinksitzer die 10 Jahre hier wohnhaft sind und in Börger wirtschafteten. Jetzt setzte eine Verbesserung der Lebensverhältnisse ein. Eine weitere Verbesserung der Lebensverhältnisse begann. Die Wirtschaftskraft stieg an. Nach holländischem Vorbild wurde im Norden der Gemarkung Börger die Torfwirtschaft und die Fehnkultur weiter entwickelt. Hier entstand in 10 Kilometer Entfernung vom Ort im Buntstäinsmoor eine neue Ansiedlung „Börgermoor“. Hier baute man den Splittingkanal, der von der Ems hinter Papenburg kommend bis nach Börgerwald verlängert wurde. Hier gab es Arbeit und Brot in der Torfwirtschaft. In den gleichen Jahren (1879) siedelten Bauern auf dem Wohld, auf dem Heideland vor dem Börger Moore mit den Rechten auf Zuteilung von Land, das sie aus der Markenteilung erhalten hatten. Diese Ortschaft wird „Börgerwald“ genannt. Börger erfuhr in diesen Jahren eine Zuwanderung, da viele Hausstellen frei wurden. Es war die Blütezeit des Handwerks in Börger für den Ort und seinen Siedlungen. Von 1930 bis 1940 wurden in Börgermoor neue Siedlungen angelegt. Börgerwald und Börgermoor bilden heute zusammen die Gemeinde Surwold mit ca. 5.000 Einwohnern. Börger hat im Jahre 2020 über 3.000 Einwohner, Neubörger ca. 1.500 und Breddenberg ca. 900 Einwohner. Somit leben in der Jahrtausendwende über 10.000 Einwohner in der ehemaligen Mark, oder im alten Kirchspiel Börger.

Hermann Ubbenjans
Aug. 2004 – Febr. 2024

Wappen der Gemeinde Börger

Wappen BörgerVon Rot über Gold geteilt, darin oben in verwechselten Farben ein Bienenkorb zwischen zwei Birkenblättern, unten ein Mühlstein mit silbernem Mühleisen. Der 854 erstmals überlieferte Ortsname bedeutet nach H. Abels, – Die Ortsnamen des Emslandes, Paderborn 1927, S. 17 f. – „Birkenhöhe“. Der erste Teil des Ortsnamens wird durch die Birkenblätter anschaulich gemacht. Der Bienenkorb bezieht sich auf die im Heide- und Waldgebiet des Hümmlings weit verbreitete Bienenzucht. Der Mühlstein erinnert daran, dass Börger früher zwei Windmühlen und eine Wassermühle besaß, was mit dem intensiven Roggen- und Buchweizenanbau zusammenhing. Die rot-goldene Schildteilung entspricht dem Wappen der Reichsabtei Corvey, zu deren umfangreichem emsländischen Besitz Börger bis zum 13. Jahrhundert gehörte. Die Farben Rot und Gold sind zugleich die des Fürstbistums Münster, das als Nachfolger Corveys bis zum Ende des alten Reiches 1803 die Landesherrschaft innehatte.

Entwurf und Ausführung: Dr. Ulf-Dietrich Korn, Münster, 1988